Im aktuellen Zustand ist die Rahmenvereinbarung leider (zumindest für uns) in der Tat nicht mehr als ein "Bürokratie-Ding".
Die Grundidee ist eigentlich super: Die KBV kann mit "guten", "kundenfreundlichen" Praxisverwaltungssystemen, die "guten Service" bieten, einen Vertrag abschließen und darf diese dann bewerben bzw. den K(B)V-Mitgliedern empfehlen. Im Gegenzug verpflichten sich diese Systeme auch weiterhin "gut" und "kundenfreundlich" zu bleiben und "guten Service" zu liefern.
Schwierig wird es dann in der konkreten Umsetzung - was sicherlich in der Natur der Sache liegt. Wie genau definiert man objektiv, dass eine Software oder ein Service "gut" sind?
Ein Teil der Rahmenvereinbarung zielt hierbei (wie von Dr. Thierfelder erwähnt) auf die umgesetzten Funktionen bzw. Features. Es werden konkrete Funktionen aufgelistet, die ein PVS mindestens umsetzen muss, um "gut" zu sein. Wenn man sich nun die Rahmenvereinbarung anschaut und zudem schaut, was die typischen PVS an Funktionen umsetzen stellt man aber leider recht schnell fest, dass für fast alle (größeren) PVS gilt: Sie bieten bereits fast alle der in der Vereinbarung definierten Funktionen an. Aber ist ein PVS wirklich eine gute Software, weil sie z.B. das eRezept, den eArztbrief, die eAU, Online-Updates, ... umgesetzt hat? Oder ist es nicht viel relevanter, "wie" ein PVS die Funktion umsetzt bzw. wie die sich in den Workflow integrieren?
Für das "wie" bzw. die Qualität und Sicherheit der Software greift die Rahmenvereinbarung dann auf den klassischen Weg der externen Überprüfung zurück - das jeweilige PVS muss an Workshops teilnehmen, bestimmte Zertifizierungen vorweisen können oder sich z.B. (für die Sicherheit) regelmäßig durch "BSI-zertifizierte Dienstleister" überprüfen lassen. Für die Zukunft sind auch ISO-Zertifizierungen vorgesehen. Auch das ist ein nachvollziehbarer Ansatz zur "objektiven Einschätzung", dadurch entsteht aber ein signifikanter, bürokratischer Overhead. Und auch hier stellt sich dann wieder die Frage, ob eine Software wirklich "gut" ist, bloß weil sie regelmäßige Auditierungen "besteht". Zumindest aus meiner Erfahrung in der Software-Entwickler würde ich sagen, dass ISO-Zertifizierungen oder externe Audits nicht zwangsläufig was über die Qualität oder Sicherheit von Software aussagen - und unter Umständen sogar kontraproduktiv sind, weil sie dazu verleiten möglichst wenig Änderungen zu machen und insbesondere "Mini-Features" lieber gar nicht erst umzusetzen.
Nach meiner aktuellen Einschätzung würde die Umsetzung und Aufrechterhaltung der Rahmenvereinbarung jährlich einen 6-stelligen Betrag kosten (hauptsächlich "Bürokratiekosten") und bietet keinen Mehrwert für bestehende tomedo-Praxen. Es wäre also eine (relativ teure) Marketingmaßnahme und somit nicht in Sinne der Nutzerinnen und Nutzer. Schwierig wird es, wenn "genügend" der anderen (großen) PVS die Vereinbarung unterzeichnen. Das würde für uns dann möglicherweise einen Wettbewerbsnachteil bedeuten und dadurch mittel- bis langfristig auch den Bestandspraxen schaden... somit kann es sein, dass wir früher oder später gezwungen sind mitzumachen.
Ein (möglicher) Lichtblick: Laut KBV bzw. KVen ist der aktuelle Stand der Vereinbarung nur ein Start und der Vertrag soll zukünftig weiter "iteriert" werden. Ob er dadurch besser wird (oder im Gegenteil) werden wir wohl leider erst in Zukunft sehen können.