Liebe Ärzt:Innen,
gern möchte ich hier die verschiedenen Aspekte noch einmal aufgreifen, die hier diskutiert werden und noch einmal eine neue Perspektive Nahe bringen.
Die in § 16 Abs. 1 SGB V erwähnte Einschränkungen bezieht sich darauf, dass medizinische Leistungen nur im Inland durch deutsche Ärzt:Innen erbracht werden können. Dabei geht es nicht um das Karte stecken, da eine VSS immer auch im Ersatzverfahren abgehandelt werden kann (Infos: https://www.kbv.de/html/videosprechstunde.php). Wie Herr Klaproth schon hingewiesen hat, wäre das unter Umständen streitbar, vor allem da eine eAU Ausstellung noch keine Behandlung bedeutet. Jedoch ist die Frage inwieweit eine Abrechnung auf eine deutsche gesetzliche Krankenkasse erfolgen kann und hier nicht richtigerweise eigentlich eine Zusatzversicherung wie die Auslandskrankenkasse greifen kann. Hierzu habe ich bereits einen Auslandsversicherer und die KVBB angeschrieben, um nähere Informationen einzuholen.
Auf der anderen Seite möchte ich hier noch einmal auf das Thema Moral eingehen. Das aufgemachte Beispiell des auf Bali Sekt schlürfenden Strandurlauber eingehen. Hier möchte ich Sie auf die Perspektiven aufmerksam machen, dass diese Beispiele oberflachlich sind und ggf. darauf aufmerksam machen, dass Menschen ein Eisberg sind. Das heißt Sie kennen nur die Spitze des Eisbergs und der Geschichte und der Rest der Geschichte bleibt für Sie verborgen.
Aktuell wenn das Gesetz streng ausgelegt wird, sind dadurch viele Menschen betroffen, die wahrscheinlich nicht Schmarotzen. Was ist denn wenn der Bali reisende ewig auf diese Reise gespart hat dort 14 Tage verbringt und sich riesig freut, weil er sonst 50h in der Woche arbeiten muss und dann bei der Entspannung vor Ort dann doch erkältet und krank wird? Ist es dann moralisch verwerflich, dass dieser sich die Krankheitstage gutschreiben will?
Warum ist das kein Problem, wenn der gutbezahlte sektschlürfende Strandurlauber auf Sylt, vor ort ohne Probleme eine Krankschreibung bekommt? Ist Sylt jetzt unproblematisch und der Thailand/Baliurlaub nicht?
Warum hat die alleinerziehende Mutter mit 2 Kindern, die in Deutschland 3-mal mehr für den Urlaub bezahlen müsste, als beim 1-wöchigen Türkeiurlaub, ebenfalls unmoralisch gehandelt, wenn sie leider ebenfalls mit einer kurzen Fiebererkältung nicht vor Ort einen Arzt schafft aufzusuchen bzw. dort etwas komfortable Unterstützung durch die VSS wahrnehmen möchte? + Es zu dem fraglich ist, ob Sie dort eine englisch/deutschsprachige AU wirklich bekommt, die einen ordentlichen Nachweis erbringt?
Ich kann es auch persönlich machen: ist es moralisch verwerflich, wenn ich mit meiner Frau und meinen Eltern meine Schwiegereltern in Georgien für 10 Tage besuche und 4 Tage Corona bekomme, dass ich mir diese Tage als Krankheitstage gutschreiben lassen wollte (btw. habe ich übrigens nicht gemacht und in Kauf genommen). Dort ist die medizinische Versorgung weit mehr eingeschränkt und ein Nachweis nur auf georgisch möglich.
Bei zollsoft haben wir das Credo, dass wir jede Praxis ernst nehmen ob großes MVZ oder auch kleine Landhauspraxis. Es geht darum für alle Seiten Win-Win-Win Situationen zu schaffen und nicht einseitig nur auf den Umsatz einer Praxis für uns als zollsoft GmbH zu schauen. Ich finde es deshalb wichtig, dass hier eher diskutiert wird: Wollen wir für 90% der nicht missbrauchenden Patienten eine bessere praktische Lösung finden oder bestehen wir darauf, lieber 10% Missbrauch zu verhindern und 90% der Patienten zu bestrafen, weil sie ja potenziell Schmarotzer sind(wichtig die Zahlen sind fiktiv gewählt, und keine statistischen Werte sollen jedoch verdeutlichen, welches Wahrnehmungsproblem in Deutschland oft existiert). Ich halte es für schlimm Menschen unter Generalverdacht des Missbrauchs zu stellen und eine Zunahme von Krankheitstagen als rein-ökonomischen Faktor zu betrachten, der vor allem dafür sorgt, dass mehr Menschen am Ende krank auf Arbeit gehen und dort mehr Schaden für die Gesundheit auhc anderer und auch einen wirtschaftlichen Schaden anrichten.
Für mich sollte die Diskussion eher folgende Richtung nehmen:
1. Wie kann für Ärzte hier mehr Rechtssicherheit geschaffen werden, dass wenn der Patient aktuell im Urlaub ist und die VSS nutzt, dass Sie dies nicht abschließend prüfen können und deshalb als Arzt keien Konsequenzen erhalten.
2. Sollte sich der Staat fragen, inwieweit hier eine bessere Versorgung für deutsche Staatsbürger, die sich häufig in sehr begrenzter Zeit im Ausland aufhalten (kurzer Urlaub zwischen 3-21 Tage) trotzdem deutsche bürokratische Mittel (eAU) nutzen können, um den Aufwand für den Nachweis der Krankheit geringer zu halten. Bedenken Sie Nachweise aus dem Ausland erzeugen bei ordentlicher Bearbeitung auch Kosten für die Prüfung (Telefonate zum Arzt ins Ausland etc.).
3. Findet Missbrauch statt, welche Optionen haben wir als Anbieter Sie bei der Vermeidung zu unterstützen, sodass Sie am Ende nicht die Kompensation des Problems auf dem Rücken der Ärzte stattfindet. Hier wäre ja denkbar, dass zum Beispiel eine Krankschreibung nur für Bestandspatienten die sich im Urlaub befinden möglich ist oder eine Checkbox angelegt wird, in der der Patient noch einmal bestätigen muss, dass er sich im Inland befindet.
Ich hoffe sehr, dass wir Sie hier noch besser unterstützen können, wenn wir mehr Infos haben. Ich halte Sie gern auf dem Laufenden.