Hallo Herr Zollmann,
zunächst einmal herzlichen Dank für den Hinweis auf die Sperrmöglichkeit im Rahmen eines Praxisverkaufs.
Was die Verjährung betrifft, haben Sie eine zutreffend kommentierende Stelle gefunden. Aber die Verjährung ist ein anderes Paar Schuhe.Die DS-GVO geht dem BGB als Spezialgesetz was die Löschung betrifft, zunächst vor.
Man könnte daraus einen Vorteil ableiten, wenn man als Arzt nach mehr als 3, sagen wir mehr als 10 Jahren in Anspruch genommen wird und dann auf die Akten zurückgreifen kann.Da wir im Arzthaftungsrecht aber mit umgekehrter Beweislast arbeiten, wird daraus häufig ein Bumerang. Ohne Kartei könnte man evtl. besser dastehen.
Und, die 10 Jahreslöschregel gilt für den Fall, dass die Beendigung der der letzten Behandlung 10 Jahre zurückliegt, und in diesen Fällen dürfte eine Inanspruchnahme im Promillebereich und dann auch noch mit dem vorgenannten Risiko belastet sein.
Jetzt kann man nach dem Opportunitätsprinzip zwar sagen, ich muss dem Patienten nach 10 Jahren nicht sagen, dass ich seine Akten noch habe und schaue erst einmal, ob die Akten für mich günstig sind oder nicht. Aber diese Ansicht würde dann generell dazu führen, dass die Akten länger aufbewahrt werden, als sie sollen. Aber, das kann/ darf keiner kontrollieren. Ein Problem gibt es nur dann, wenn der Patient vor Jahren die Löschung seiner Daten gem. Art. 13 DS.GVO beantragt hat, dem die Praxis innerhalb der 10-Jahresfrist mit einer Sperrung nachkommen sollte. Wenn die Daten dann nach 10 Jahren nicht gelöscht sind und der Arzt zaubert im Rahmen eines Prozesses die vermeintlich gelöschten Akten auf den Tisch, dann könnte dies auch zu einem Beweisverwertungsverbot führen. Aber das ist jetzt eine supertheoretsiche Sichtweise.
Daher: Wenig zeitnahe Anspruchstellungen, also > 10 Jahre sind sehr selten. Ich würde nur dann dazu raten, wenn die Behandlungen das Potenzial haben, langfristig Schaden zu entwickeln, dass etwa ein Brustimplantat platzt oder die Teps in den Knien anfangen zu rosten... (ein theoretisches Beispiel). Auf der anderen Seite, wie groß ist denn im Durchschnitt eine Patientenkartei?
Wie ich in meiner ersten Stellungnahe angedeutet habe, wäre eine halbautomatische Löschroutine wünschenswert. Zu Stichtagen wird automatisch ermittelt, welche Karteien/ Patienten seit 10 Jahren unbehandelt sind. Die zu löschenden, werden selektiert, die möglicherweise kritischen nicht oder mit einem Verlängerungsdatum versehen. Vielleicht kann man das auch schon in der Kartei eintragen, "als nicht zur Löschung vorschlagen vor dem...". Damit würde man auch den aktuellen Vorstellungen der KBV nachkommen.
Noch eine Antwort zu Herrn Wacker: Wenn der Pat. möchte, dass seine Daten gelöscht werden, müssen (!) sie gesperrt werden, vollständige Löschung nach 10 Jahren. Diese Problematik taucht leider immer häufiger auf, wenn sich Pat. zB. bei Plastikern (nur) ein Angebot machen lassen oder der Besuch im Schlaflabor zur Diagnose Schlaf-Apnoe geführt hat und der Pat. kein Auto mehr fahren soll. Gerade in letzteren Fällen ist dem Pat. die Sperrung, nicht aber die Löschung unter Hinweis auf § 10 der BO und § 630 GBG mitzuteilen. Fährt der Pat. dann vor den Baum und behauptet, "das hat mir keiner gesagt", kann man auf die Akten erlaubterweise zurückgreifen.
Herzliche Grüße aus Lippstadt vom Arztgatten RA Jörg Frotscher