Da ich die von Dr. Luckner gewünschte offene Kommunikation auch sehr begrüße, lasse ich Sie gerne an meinen bzw. unseren Gedanken hierzu teilhaben:
Während die "großen" Softwarehäuser i.d.R. dafür bezahlt werden (und nicht zu knapp) um solche neuen Module mit den Kassen zu "pilotieren" (und dadurch bedingt das ganze auch bereits fertig haben, wenn es "öffentlich" wird), müssen wir die Umsetzung der Anforderungen komplett selbst finanzieren. Das wiederum bedeutet, dass wir das ganze entweder aus den Mieteinnahmen aller Praxen bezahlen, oder als kostenpflichtiges Modul anbieten - und somit die Ärzte die dieses auch nutzen an den Kosten beteiligen. All die "üblichen" quartalsweisen Änderungen und Neuerungen im HzV-Bereich subventionieren wir bereits zu einem Großteil aus der "Gesamtmiete" - was ich (wie bereits an anderer Stelle hier im Forum geschrieben) auch fair für alle finde. Bei komplett neuen Vertragsbestandteilen wie der Hausarztvernetzung geht das aber nicht so leicht. Das ist nicht einfach mal mit ein paar Tagen Entwicklungsaufwand erledigt, die sich "querfinanzieren" lassen. Vielmehr gilt es z.B. für die IT-Vernetzung etwa 100 Funktionen - definiert in einem knapp 70-seitigen Anforderungskatalog - umzusetzen. Und das "erschlägt" dann halt nur die Anforderungen einer Kasse in einem Bundesland. In Niedersachsen hat die dortige AOK gerade ein ähnliches Projekt, allerdings mit einem komplett anderen technischen Unterbau und ohne jegliche technische Gemeinsamkeiten zur "Arztvernetzung" aus Baden-Württemberg. Auch in Thüringen gibt es seit einer Weile mit Armin ein hausärztliches Projekt mit vergleichbarem Umfang - wieder ohne irgendwelche Gemeinsamkeiten zu den Projekten der "Schwester-AOKen". Und die AOK Nordost wird scheinbar auch gerade aktiv was die "Digitalisierung" angeht.
Erlauben Sie mir ein Rechenbeispiel für die Umsetzung der Anforderungen der AOK-BaWü - hier haben wir inzwischen eine recht gute Abschätzung über die voraussichtlichen Aufwände: Wenn wir das "Kernmodul" zur Vernetzung (exklusive Hauskomet, welcher selbst nochmal ein extrem programmieraufwändiges Teilmodul darstellt) für 99,- pro Arzt anbieten und davon ausgehen, dass mindestens 90% der (jetzigen und zukünftigen) tomedo-Hausärzte in BaWü dieses Modul nutzen (und auch bezahlen), dann dürften wir (die voraussichtlichen Wartungs-/Pflegekosten für das Modul einberechnet) die Kosten in etwa 5 Jahren drin haben. Mal von den "Wenns" und "Abers" abgesehen ist so ein langer Zeithorizont zur Refinanzierung aus wirtschaftlicher Sicht alles andere als attraktiv - insbesondere wenn man die aktuellen Entwicklungen im Medizinbereich betrachtet kann niemand wirklich abschätzen, ob diese Art der Vernetzung in 5 Jahren überhaupt noch genutzt wird, oder das Modul bis dahin nicht schon längst obsolet ist. Da die "wirtschaftliche Attraktivität" hier für uns aber keine Rolle spielt (wir wollen ja nur die Kosten "irgendwann" drin haben), ist das ein Risiko, was wir gerne noch eingehen können. Viel größer ist bei mir jedoch offen gesagt die Sorge vor den Diskussionen die auf uns zukommen, wenn wir für das Modul zusätzlich Geld verlangen. In Anbetracht der oben erwähnten zusätzlichen Honorare sollten 99,- Euro vermutlich nicht ins Gewicht fallen, dennoch haben wir (insbesondere was Hausarzt- und Selektivverträge - nicht nur im Schwabenländle - angeht) die Erfahrung gemacht, dass es fast immer heftige (und sehr irrationale) Preisdiskussionen gibt, selbst wenn es nur um fünf Euro mehr oder weniger pro Monat geht.
Sie verstehen also hoffentlich unser Dilemma und unsere Zurückhaltung bzgl. der Hausarztmodule: Wenn wir ein solches nicht sofort umsetzen, dann gibt es Beschwerden seitens der betroffenen Hausärzte, dass ihnen jedes Quartal tausende von Euro entgehen. Wenn wir es umsetzen, aber die Nutzer an den Umsetzungskosten beteiligen, gibt es Beschwerden, weil wir den Hausärzten das Geld aus der Tasche ziehen würden. Und wenn wir es auf Kosten aller Praxen umsetzen, dann gibt es Beschwerden, warum wir in "solche Bundesland- und Fachgruppenspezifischen Sonder-Funktionen" Aufwand stecken, aber andere Wünsche denn nicht (oder nicht schnell genug) umgesetzt werden.