Hallo,

wir überlegen, einen intelligenten Telefonassistenten einzurichten.

Bitte um Meinungen und Empfehlungen von den Kolleg:innen, die bereits solche Systeme nutzen zu folgenden Punkten:

Name des Systems / Dauer und Komplexität der Einrichtung / Support / Konfigurationsmöglichkeiten gut - ausreichend - ausbaufähig / Klang der Stimme - persönliche Sprachaufnahme möglich? / Integration in tomedo(?)  

Dann würde mich noch interessieren, ob der Telefonassistent 24/7 durchläuft oder lediglich während der Sprechzeiten oder nur zu den Stoßzeiten?

Danke!

Frohe Ostern

N. Alb
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2 Antworten

Beste Antwort

Guten Abend,

wir (Einzelpraxis Pneumologie) nutzen seit 8 Wochen PraxisConcierge (PC). Einmalig €300 Einrichtung, dann €150 pro Monat.

Dauer der Einrichtung: 1-2 h per Fernzugriff (es gab etwas Schwierigkeiten mit der von easybell für die Durch-/Weiterleitung genutzten Telefonleitung).

Ansagen können entweder per Computerstimme vorgelesen werden oder (so machen wir es, sehe ich als großes Plus an, da viel persönlicher) mit selbst eingesprochen Texten bestückt werden. Computerstimme nutzen wir nur für häufig wechselnde Ansagetexte (Urlaubszeiten/Vertretungspraxen).

Einarbeitung der MFA war extrem unproblematisch. Das Program (Web-basiert) ist praktisch selbsterklärend. 

Den Support muss ich sehr lobend erwähnen. Bei aufgetretenen Problemen (diese Woche noch einmal Problem mit der Easybell-Tel.-Leitung) wurde sehr rasch reagiert und Abhilfe geleistet. 

Anbindung an tomedo ist grundsätzlich gegeben, könnte aber noch tiefgehender sein (bei den mir bekannten Alternativen nicht gegeben): bei in Tomedo bekannter Telefonnr. wird diese erkannt und per Klick aus PraxisConcierge gelangt man direkt in die richtige Patientenkartei. Übernahme der in PC getätigten Kommunikation automatisch in die tomedo-Kartei gibt es nicht, was ich aber nicht als großes Problem ansehe. 

Die Telefon-Menu-Struktur lässt sich (falls gewünscht) mehrfach verschachtelt gestalten. Wir haben, um unsere Patienten nicht zu verwirren, eher eine einfache Struktur: Rezeptwunsch/Terminwunsch/Terminabsage/Überweisung/Arzt-Arzt-Kontakt/Durchstellen zur MFA.

Die Spracherkennung funktioniert ordentlich, aber nicht perfekt. Es kommen immer wieder "humoristische Translationen" heraus.

Wir lassen den Assistenten durchgehend laufen. Während der Sprechzeiten kann zum Personal durchgestellt werden, außerhalb der Zeiten nicht. Die o.g. übrigen Optionen stehen auch nachts / am WoEnde zur Verfügung. Nur im Urlaub läuft eine Bandansage, um keine Erwartungen nach rascher Bearbeitung von Rezeptwünschen zu wecken. 

Zusammengefasst bin ich sehr zufrieden mit der Lösung. Empfang wird sehr entlastet, Erreichbarkeit ist nun optimal. Die Patienten nehmen den Dienst gerne an, Beschwerden/Ablehnung gab es praktisch keine. Wer will, kann ja auch immer noch durchgestellt werden. Bereits von Anfang an nutzen aber die meisten Anrufer die Möglichkeit, Nachrichten einzusprechen. 

yes

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Sehr geehrter Herr Baumann,

herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Bericht. Das hört sich sehr gut an.

Die Anbindung an tomedo ist natürlich ein großes Plus.

Was passiert, wenn die gleiche Telefonnummer bei mehreren Patienten hinterlegt ist? Ich denke z.B. an Geschwisterkinder. Was wird dann in der PraxisConcierge-Oberfläche angezeigt? Kein Patient? Oder mehrere Patienten zur Auswahl?
Bei einer "Familien-Festnetznummer" werden alle Patienten in PC angezeigt, bei denen diese Nummer in den Details vorkommt. Da kann man dann auswählen.

Das System hat bei Mobiltelefon-Anrufen wie "Ich rufe für meinen Ehemann / Freund an..." keine Chance, das  aufzulösen.
Wir nutzen seit etwas einem Jahr ebenfalls PraxisConcierge (PCO) und sind sehr zufrieden (Einzelpraxis Allgemeinmedizin, 4 Ärzte, davon 2 in TZ). Die Flut an Anrufen war nicht mehr zu bewältigen und die Unzufriedenheit bei Team und Patienten wurde immer größer. Diskussionen über die schlechte Erreichbarkeit dauerten teilweise länger als die medizinischen Anliegen.

Die Anbindung mit Starface klappt problemlos.

Support ist gut. Herr Kuttruf kümmert sich häufig persönlich um die Anliegen. Da die Nachfrage nach digitaler Telefonassistenz immer größer wird, muss man aber auch mal etwas geduld haben.

Wir haben die Ansagetexte ebenfalls persönlich aufgesprochen, was sehr gut bei den Patienten ankommt. Die Compteransage nutzen wir, wie der Kollege auch, für kurzzeitige Änderungen oder Informationen. Wir nutzen 5 Ansagen, teilweise mit einem Untermenü. Das ist aber denke ich das auch das Maximum. Man kann Vorlagen für Email/SMS Antworten erstellen, die auf Knopfdruck versendet werden. ("Ihr eRezept ist versendet und kann in der Apotheke eingelöst werden" etc...).

Die Schulung war gut, das System ist weitestgegend selbsterklärend.

Einbindung in Tomedo wie bereits beschrieben ordentlich. Eine tiefere Einbindung wäre aber sehr wünschenswert (Zugriff auf Terminkalender oder Eintrag in den med. Verlauf).

PraxisConcierge hat quasi sofort zu einer spürbaren Entlastung der Anmeldung geführt. Die Akzeptanz im Team und bei den Patienten ist sehr hoch. Man darf aber nicht unterschätzen, dass die eingehenden Anrufe auch abgearbeitet werden müssen. Da es faktisch keine besetzte Leitung gibt, kommt jeder Anruf durch und erzeugt eine Aufgabe. Das sind in unserer Praxis auch mal 80-100 Anliegen pro Tag. Hierfür habe ich zwei Arbeitsplätze im Backoffice mit jeweils zwei Monitoren eingerichtet; einer ist stets besetzt. Dies kann auch vollständig aus dem Homeoffice heraus passieren (Zusammenspiel Tomedo/Starface/PraxisConcierge) und schafft zusätzliche Flexibilität.

Das System läuft bei uns 24/7. Außerhalb der Praxisöffnungszeiten können allerdings nur Rezepte und Überweisungen bestellt werden. Zu Urlaubszeiten kann nichts bestellt werden.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ein Praxisalltag ohne digitale Telefonassistenz mittlerweile unvorstellbar ist. Ich würde nicht sagen, dass die Arbeit insgesamt weniger wird, sie ist aber besser koordinierbar. Das Stresslevel sinkt, da Anliegen priorisiert abgearbeitet werden können. Die Patienten sind weniger frustriert, da sie kein Besetztzeichen mehr hören. Es wird mehr geschafft an einem Arbeitstag. Wünschenswert wäre die tiefere Einbindung in tomedo.
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Hallo Herr Sanders,

ich danke Ihnen sehr für Ihre Erfahrungen.

Ja, ich glaube gern, dass der digitale Assistent schon auch dazu führt, dass man die zahlreichen Anliegen mitunter nur schwer abarbeiten kann. Angebot schafft Nachfrage. Und man darf nicht vergessen: Sobald der Patient sein Anliegen aufgesprochen hat, liegt der "Ball" bei uns als Praxis. Erreicht uns der Patient nicht, dann ist weiterhin er am "Ball".

Man bedenke außerdem, dass durch eine zu gute telefonische Erreichbarkeit wir als (Kinderarzt-)Praxis auch Nachteile haben. Der Umsatz steigt dadurch gewiss nicht, da immer die gleichen Patienten kommen. Die Termine in der Akutsprechstunde reichen vermutlich dann nicht mehr aus. Es müssten noch mehr Terminwünsche von den MFA aussortiert und telefonisch beraten werden, was auf Seiten der Patienten, der MFA und auch bei mir zu noch mehr Stress führt, denn es könnte ja etwas wichtiges übersehen worden sein. Zu sagen "es gibt heute keinen freien Termin mehr für sie, da sie für uns kein Notfall sind, für morgen kann ich ihnen einen Termin anbieten", ist häufig schlimmer als um 17:30 Uhr nicht mehr erreichbar zu sein.

Fakt ist, dass bei Personalknappheit und plötzlichen Krankheitsfällen das Telefon nicht ausreichend bedient werden kann und in Zukunft eher noch weniger Personal zur Verfügung stehen wird. Und genau da wäre ein Vorsortieren durch den Telefonassistenen wünschenswert, um keine "Notfälle" zu verpassen.

Also digitaler Telefonassistent ja - wahrscheinlich aber nicht 24/7 - habe ich für mich nun mitgenommen. Es ist ein zusätzlicher Kanal, der auch bedient werden muss.
Diese Problematik ist in der Tat sehr relevant. Das Öffnen eines Kommunikationskanals, sei es mittels Telefonassistenten, E-Mail, App-direkt o.ä. muss immer im speziellen Einsatzfall geprüft und ggf. dosiert wieder eingeschränkt werden. Der Einwand von Herrn Sanders (Arbeitsvolumen wird nicht weniger, kann aber viel besser verteilt werden) ist bei der Entscheidung pro/contra Telefonassistent schon sehr wichtig.

Ihren Wunsch nach einem Vorsortieren im Sinne einer Triage finde ich grundsätzlich gut, kann mir das aber bei den bisherigen und auch auf absehbare Zeit bestehenden technischen Unzulänglichkeiten (Spracherkennung) und der Unfähigkeit der Patienten, ihr Anliegen mit genau den Informationen zu präsentieren, daß eine Triage fehlerfrei möglich ist, nicht vorstellen. Gerade das Einschätzen, wer muss als Notfall schnell gesehen werden und wer hat eine geringere Dringlichkeit ist ja immer eine Herausforderung. Ich könnte mir aber vorstellen, dass durch das immer noch Menschen-basierte Beantworten der Anfragen (sofern die Kontaktdaten das zulassen) mittels SMS-/Email-Vorlagen oftmals auch ohne direktes MFA-Telefonat erledigen lassen. Jedes Gespräch lässt sich aber natürlich nicht vermeiden.
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